Im Bereich Kunst und Kultur fördert die Bodo Röhr Stiftung in Hamburg ansässige Organisationen und Projekte, die einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind bzw. einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Ihrem Heimatschwerpunkt entsprechend, unterstützt die Bodo Röhr Stiftung dabei insbesondere auch niederdeutsche Kunst- und Kulturprojekte.


Draußen vor der Tür

Am 21. November 1947, vor 75 Jahren also, wurde in Hamburg ein Drama uraufgeführt, das Deutschland erschütterte: Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“. Das Stück wurde zum Klassiker, galt als Aufschrei einer Generation, die durch ihre Kriegserfahrung geprägt war und nun in einer Gesellschaft, die das kollektive Desaster schleunigst verdrängen wollte, keinen Platz mehr fand. Noch vor der Theaterpremiere in den Kammerspielen sendete der Norddeutsche Rundfunk eine Urfassung als Hörspiel. Sie kehrt nun zum Jubiläum sozusagen in ihre Heimat zurück: Die Hamburger Kammerspiele werden sie in einer szenischen Lesung als Live- Hörspiel einem heutigen Publikum vorstellen. Die BRS wird diesen bemerkenswerten Abend fördern.


Ernst Deutsch Theater/Bundesjugendballett: Die Unsichtbaren

Die Zeit des Nationalsozialismus ist auch an Deutschlands Tanztheatern nicht spurlos vorbeigegangen – ganz im Gegenteil. Der bislang eher verborgenen Geschichte von Tänzerinnen und Tänzern in dieser Zeit widmet sich daher eine neue Gemeinschaftsarbeit von Ernst Deutsch Theater und John Neumeiers Bundesjugendballett. In Neumeiers neuestem Stück „Die Unsichtbaren“ geht es ebenso um die Öffnung Deutschlands für moderne Tanzrichtungen in den 1920er Jahren wie um die Entwicklung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die Tanz-Collage reflektiert die Vorreiterrolle Deutschlands in den 1920er Jahren, als Choreografie-Größen wie Rudolf von Laban oder Mary Wigman die hiesige Tanzszene aufblühen ließen, bis der Nationalsozialismus diese Moderne abrupt beendete.

„Die Unsichtbaren“ ist ein komplexes Allround-Projekt: Geplant sind 30 Aufführungen im Ernst Deutsch Theater zwischen dem 16. Juni und dem 18. Juli 2022. Ergänzt werden sie von einer Ausstellung samt Katalog, dazu kommt ein intensives theaterpädagogisches Rahmenprogramm: Begleitmaterial und Workshops im Haus selbst oder in Schulen sollen junge Menschen sowohl emotional als auch intellektuell ansprechen und ihnen helfen, selbst Schlüsse zu ziehen, eigenständig Vergangenheit mit Gegenwart und Zukunft zu verbinden.

Die Gemeinschaftsarbeit steht auch für einen Meilenstein, für zehn Jahre Bundesjugendballett, und zeigt nach schweren Corona-Zeiten deutlich: Das Bundesjugendballett geht kreativ und zuversichtlich in die Zukunft. Die Bodo Röhr Stiftung freut sich daher, dieses ambitionierte Projekt zu fördern.


Jenseits des Alltags: Das Allee Theater

Das Alleetheater ist ein Kinder- und Jugendtheater mit einem anspruchsvollem Programm und einer langen Erfolgsgeschichte. Seit 1968 entführt das Haus an der Max- Brauer- Allee sein junges Publikum in eine Welt jenseits des Alltags, vermittelt die Faszination für Theater und Oper, für Sprache, Musik und Phantasie. Heute ist es eine der wichtigen Institutionen für Sprachverständnis, Spracherwerb und lebendige Kultur geworden.

Theater ist Spiel, und Kinder sind das unbefangenste, naivste und begeisterungsfähigste Publikum überhaupt, aber auch das am meisten unterschätzte. Dabei haben gerade sie besondere Freude daran, Herausforderungen anzunehmen, komplexe Sachverhalte und anspruchsvolle Sprache zu verstehen – vorausgesetzt, all das wird ihnen richtig angeboten. Das ist aufwendig und erfordert neben einem professionellen Konzept auch erstklassige Schauspieler, die Gefühle und Sprache gleichermaßen verständlich und eindrucksvoll vermitteln können. Speziell wichtig sind auch herausragende Bühnenbildner als Dolmetscher zwischen dem Bild, das Kinder zuerst begreifen, und den Texten, die ihnen eine neue Welt eröffnen können. Eine ständige Herausforderung, und dazu ein Ziel, das den Intentionen unseres Stifters perfekt entgegenkommt. Wir halten dieses Projekt heute für wichtiger denn je und fördern daher das Alleetheater in Hamburg- Altona.


Theater in Schulen

Das Ohnsorg Studio ist auch während des zweiten Lockdowns aktiv in Hamburger Schulen und in seiner Arbeit mit Partizipationsprojekten. Die Bodo Röhr Stiftung ist Hauptförderer des Ohnsorg Studios und macht diese wertvolle Arbeit erst möglich.

Theater eröffnet Welten, gibt Raum für Fragen und Diskussionen und schafft gemeinsame Erkenntnisse. Kulturangebote wie Theater unterstützen junge Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung und sind gerade in Krisenzeiten wichtiger denn je. Jetzt wo alle alle Kulturinstitutionen für die Zuschauer*innen geschlossen sind und aktuell „hinter verschlossenen Türen“ die nächsten Produktionen geprobt werden, müssen Orte und Projekte gefunden werden, um Kindern und Jugendlichen weiterhin Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen.

Unterstützt durch die Bodo Röhr Stiftung kann das Ohnsorg Studio mit dem Klassenzimmerstück „Vagelig-Paradiesvögel und andere“ auch in diesen schwierigen Zeiten ein Theatererlebnis für Kinder schaffen. Über 50-mal verwandeln sich Klassenzimmer in Hamburg in diesen Wochen für eine Schulstunde in eine Theaterbühne. In dem zweisprachigen Stück entdeckt die Forscherin Sibylle ein höchst seltenes Biotop mit einer überwältigenden Artenvielfalt. Sie ist begeistert von den exotischen Eigenschaften der dort lebenden Tiere und Pflanzen, aber leider hält die Welt sie für völlig verrückt. Und so setzt Sibylle alles daran, die Existenz dieser „vageligen“ Geschöpfe zu beweisen. Eine Geschichte über das Anderssein und Andersdenken, die Lust auf die plattdeutsche Sprache macht.

Und auch die Probenarbeit des Ohnsorg-Jugendclubs kann dank der Bodo Röhr Stiftung weitergehen. 9 Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren proben aktuell unter professioneller Anleitung an ihrer eigenen Inszenierung über Mut, Freundschaft und Verantwortung- op Hooch-un Plattdüütsch, is doch kloor!

„Für mich ist ins Theatergehen ein Grundnahrungsmittel so wie Essen. Darum bin ich unglaublich froh, dass wir jetzt auch im Ohnsorg-Generationenclub weiter an unserem Projekt Is Traditschoon blots en Woort arbeiten können“ so eine Teilnehmerin. Die Unterstützung der Bodo Röhr Stiftung macht es möglich, dass die Probenarbeit an diesem zweisprachigen generationsübergreifenden Partizipationsprojekt weitergehen kann. Gemeinsam mit der preisgekrönten Hamburger Autorin Ulrike Syha entwickelt die Gruppe ein Theaterstück mit biographischen Texten und stellt sich die Frage, was Traditionen für unser Leben bedeuten.


Aktuell auch nach 400 Jahren: Bundesjugendballett trifft Shakespeare

Er ist zeitlos wie sonst niemand. William Shakespeares Werke spiegeln menschliche Abgründe und Möglichkeiten so poetisch und präzise, dass sie nie an Aktualität und noch viel weniger an Anziehungskraft verloren haben. So lassen sich seine Werke immer wieder neu entdecken und interpretieren, und genau das tut jetzt das Bundesjugendballett. Unterstützt von der Bodo Röhr Stiftung stellt Intendant John Neumeier seiner jungen Compagnie Choreografien seiner eigenen Shakespeare- Ballette zur Verfügung, die die jungen TänzerInnen zu einer Collage aus Tanz, Musik, Theater und Poesie verbinden.
Das Ernst Deutsch Theater geht gemeinsam mit TänzerInnen, SchauspielerInnen, MusikerInnen und ChoreographInnen dem Shakespeare-Phänomen nach und möchte Schülern und jungen Menschen den Zugang zu seinem Werk ermöglichen. Das Theater bietet darüber hinaus Workshops mit Mitgliedern des Ensembles im Theater oder in der Schule an.


Glückliche Verbindung:
das Ohnsorg Studio

Die Bodo Röhr Stiftung ist der größte private Förderer des Ohnsorg-Theaters und vor allem des Ohnsorg Studios – eine für beide Seiten glückliche Verbindung. Ganz im Sinne unseres Stifters gelang es dem Studio, durch eine frische und lebendige Sprache auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für das Plattdeutsche zu begeistern. Zweisprachige Inszenierungen sorgen dafür, dass auch Neulinge den Stücken problemlos folgen können. Eine umfassende theaterpädagogische Begleitung rundet das Angebot ab. Im Ohnsorg-Jugendclub können Jugendliche darüber hinaus eigene Stücke entwickeln und auf die Bühne bringen.
Für dieses Konzept ebenso wie für herausragende Inszenierungen wurde das Ohnsorg Studio vielfach ausgezeichnet. Wir freuen uns, eine so beliebte und über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Hamburger Institution unterstützen zu können.


Institution:
Kinder- und Jugendtheater im Schauspielhaus

„Lesen und Sprache – Literatur und Theater“: Unter diesem Motto wendet sich das Deutsche Schauspielhaus, das sich seit vielen Jahren auch der Kinder- und Jugendkultur verschrieben hat, an sein junges Publikum. Im Fokus stehen vor allem Stadtteile und Stadtteilschulen, die auf regelmäßige Förderung bisher weitgehend verzichten mussten. Gerade deren Schüler möchte die theaterpädagogische Abteilung in besonderer Weise ansprechen und für den Umgang mit Sprache und Literatur begeistern, unter anderem mit lebensnahen Workshops, Lesungen und Bühnenadaptionen. Ein anspruchsvolles Projekt ganz im Sinne unseres Stifters und daher von uns 2018 gefördert.


Inbegriff der Kiezromantik:
„Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“

Fernweh, Segelschiffe und die Reeperbahn: „Große Freiheit Nr. 7“ ist nicht nur das St. Pauli-Märchen schlechthin, der Film gilt bis heute als Inbegriff aller Hamburg-Romantik. Noch immer beflügelt er viele Menschen, die Abend für Abend über die Meile schlendern. Er ist auch deshalb so populär geworden, weil er die Kiezromantik genau in dem Moment einfing, in dem sie unwiederbringlich verloren ging: Während der Dreharbeiten 1944 wurde St. Pauli durch alliierte Bombenangriffe zerstört.
Doch zumindest die Legende lebt am Originalschauplatz weiter: In einer Inszenierung am St. Pauli-Theater rückt Ulrich Waller die Geschichte wieder näher an die Entstehungszeit heran. Passend dazu übernimmt Stefan Gwildis von Volker Lechtenbrink die Hauptrolle des Johnny Kröger. Gwildis ist, wie Hans Albers, der sie so unvergeßlich im Film verkörperte, ein Hamburger Urgestein und stammt aus Barmbek. Dem „blonden Hans“ zollt der der Soulsänger Gwildis auch dadurch Respekt, dass er selbst drei Songs zum Stück beisteuert.


Hanseatischer Lieblingsfeind:
Störtebeker im St. Pauli Theater

Die Legende lebt, diese Geschichte ist nie zu Ende. Klaus Störtebeker, Lieblingsfeind hanseatischer Pfeffersäcke und niederdeutscher Robin Hood gleichermaßen, fasziniert auch mehr als 600 Jahre nach seinem gewaltsamen Tod in Hamburg. So freuen wir uns, mit Peter Jordans Stück „Störtebeker“ eine Aufführung ermöglicht zu haben, die sich wieder einmal – und wieder einmal ganz frisch – mit dem berühmten Piraten beschäftigt.
Natürlich im St. Pauli Theater – wo auch sonst? Dort, wo die Piratenflagge Kult ist, kehrte Störtebeker im April und Mai 2018 mit unserer Hilfe auf die Bühne zurück.


Hommage an einen Hamburger:
Mendelssohn Summer School

Im Rahmen des International Mendelssohn Festival, einer Hommage an den großen Hamburger Komponisten, findet seit 2007 jährlich die Mendelssohn Summer School statt. Hoch qualifizierte Musikstudenten aus aller Welt bekommen die Chance, sich zwei Wochen lang in Meisterkursen fortzubilden und die Ergebnisse ihrer Arbeit in Konzerten zu präsentieren. Damit auch in Zukunft allein das Talent der Studenten über die Teilnahme entscheidet, beteiligt sich die Bodo Röhr Stiftung über mehrere Jahre an der Finanzierung der Mendelssohn Summer School.